Der Anfang
Der Georgenhof wurde 1953 in Calw im Schwarzwald gegründet. Der Ausgangsimpuls der 7 Gründerinnen war es, Kindern zu helfen, die Opfer der Not ihrer Zeit geworden sind.
1953 Calw im Schwarzwald
Mit dem Impuls zur Bildung einer freien Gemeinschaft, die sich nicht an konventionelle Formen anlehnt, sondern ihren Ausgangspunkt in der Verbundenheit einer gemeinsamen Aufgabe sucht, fand sich 1951 ein Kreis von sieben Menschen zusammen mit dem Entschluss, ein neues heilpädagogisches Heim begründen zu wollen.
Die sieben Gründer_Innen begannen ihre Initiative im "Schlösschen" in Calw und brachten vielfältige Begabungen und profunde Erfahrungen aus verschiedenen Berufsfeldern mit. Zwar immer wieder wirtschafltich und räumlich beengt, schufen sie mit reichem künstlerischen Sinn und starken Gestaltungswillen entwicklungsfördernde Lebensverhältnisse für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen.
1966 Umzug vom Schlössle in den Georgenhof
Das Schlössle wurde zu klein und die dynamische Entwicklung der Calwer Deckenfabrik in der unmittelbaren Nachbarschaft sorgte während der Produktionszeiten immer wieder für klappernde Tassen im Schrank: beides verlangte einen Umzug.
Mit dem Angebot, einen Aussiedlerhof nahe Überlingen erwerben zu können, sollte es endlich mehr Platz und mehr Ruhe für die Kinder geben. Die Sachen wurden gepackt und die Gründer_Innen und Kinder zogen von Calw nach Bambergen an den Georgenhof.
Seit 1966 bietet die ländliche und zugleich idyllische Umgebung den Kindern und Jugendlichen ideale Verhältnisse. Eingebettet in eine landschaftlich vielfältige und anmutige Gegend erleben sie Geborgenheit und Anschlussmöglichkeiten zugleich.
Am Georgenhof sammelten sich um den Gründerkreis schon bald weitere Mitarbeitende, die den Impuls , Kindern und Jugendlichen zu helfen, die Opfer der Not ihrer Zeit geworden sind, aufnahmen und weitertrugen.
Bis heute vergegenwärtigt sich dieser Impuls in immer wieder neuer und existentiellster Form: Die Not unserer Zeit ist einerseits gegenwärtig in den Störungen und Belastungen der Kinder und Jugendlichen, die heute im Georgenhof leben und die, oft schon von klein auf, durch massive Beeinträchtigungen schwerste Bürden zu tragen haben. Sie zeigt sich aber auch in den Gesichtern der unzähligen jungen Menschen, die aus ihrer Heimat aufgrund von Verfolgung, Krieg und Gewalt fliehen mussten und auf der Suche nach Schutz und Sicherheit alles zurückgelassen und verloren haben, was ihnen lieb und teuer war.
In unserer Arbeit setzt sich der Gründungsimpuls in zeitgemäßer Art und Weise fort.
Wir wollen die Kinder und Jugendlichen auf ihrem Weg zu ihrem eigenen Mensch-Werden begleiten.
„Es gibt in unserer Zeit immer mehr Kinder, die in dem gehetzten Getriebe des heutigen Lebens
nicht mehr ohne Weiteres das Gleichmaß der gesunden, körperlichen und geistigen Entwicklung
finden können. Diesen Kindern zu helfen ist die Aufgabe unserer Heimschule.“
Aus einem Bericht des Heil – und Erziehungsinstituts für seelenpflegebedürftige Kinder e.V. in Calw/Schwarzwald
"...Zunächst begann die Arbeit in Mitteltal bei Baiersbronn. In engem Rahmen und überhaupt unter schwierigen Bedingungen wurden acht Kinder aufgenommen. Als sich die Widerstände seitens der Bevölkerung und der Behörden gegen die Arbeit mit „unseren“ schwierigen Kindern in dem kleinen Kurort steigerten, sahen wir und gezwungen, das Pachtverhältnis für ein großes und eigentlich sehr geeignetes Haus aufzuheben und von neuem auf Haussuche zu gehen.
Schließlich fanden wir in Calw im Nordschwarzwald bereitwillige Aufnahme und weitgehendes Verständnis für unsere heilpädagogische Arbeit. Weihachten 1952 konnten wir bereits in unserem neuen Haus feiern.
Die erste Zeit des Aufbaus erforderte alle Kräfte, bis das Institut äußerlich und innerlich durchgestaltet war. Und nun können wir auf schon mehr als fünf Jahre Arbeit in Calw zurückschauen.Das von uns gepachtete Gebäude, an der Nagold zwischen Calw und Hirsau gelegen, im Anfang dieses Jahrhunderts gebaut, was es in seiner äußeren Fassade nicht verleugnet – das in der ganzen Gegend bekannte „Schlössle“ – ließ sich mit seinen hohen, hellen Innenräume gut für unsere Erfordernisse ausgestalten.
Um eine große Halle, unseren Ess- und Theatersaal, gruppieren sich die geräumigen Kinderzimmer in starken, leuchtenden Farben gehalten. Auf dem ausgedehnten Garten – und Waldgrundstück hinter dem Haus, können die Kinder spielen, tollen und praktisch arbeiten. In wenigen Minuten ist man oben im herrlichen Mischwald mit weiten Wanderwegen, die den Blick freigeben auf das schöne Nagoldtal.
Etwas über 30 Kinder leben bei uns. In den fünf Gruppen arbeiten unter der Anleitung der Pädagogen junge Praktikantinnen, die bei uns einen Teil ihrer Ausbildung für spätere soziale Berufe machen.
Wir haben vier Schulgruppen. Etwa die Hälfte der Kinder sind schwächer und bekommen heilpädagogischen Sonderunterricht.
In den beiden oberen Klassen mit sogenannten „Schwererziehbaren“, können wir uns stärker an den normalen Lehrplan der Waldorfschule halten – in manchen Fällen gelingt es, diesen Kindern den Anschluss an eine Regelschule zu ermöglichen oder sie in eine Berufsausbildung zu bringen."
Aus einem Bericht des Heil – und Erziehungsinstituts für seelenpflegebedürftige Kinder e.V. in Calw/Schwarzwald
"In besonders intensiver Art wird die künstlerisch-heilende Arbeit mit den Kindern entwickelt: Einzelbehandlungen durch musikalische - und Farbtherapie, Heilsingen nach der Werbeck-Methode, ein kleines Kinderorchester mit Flöten und Leiern ist im entstehen. An besonderen dramatischen Übungsstunden nehmen alle Kinder teil: aus der seelisch erfüllten Gebärde lernen sie hinzufinden zum Ausdruck im künstlerisch gesprochenen Wort, sie entwickeln in einer „Rolle“ seelische Differenzierung und Persönlichkeitseinsatz, die sie über ihre Schwächen und Hemmungen hinausheben. In der künstlerischen Gestaltung, die von den mitspielenden Erwachsenen getragen ist, werden die Kinder hingeführt auf eine höhere Ebene des in sich Schönen, werden aufgerichtet zum Erleben des Menschlich-Großen.
Text und begleitende Musik werden aus der Arbeit heraus selbst geschaffen. Schließlich sind die Aufführungen, unter Zuhilfenahme der schon entstandenen Theatereinrichtung und farbigen Bühnenbeleuchtung, immer Höhepunkte im Leben unseres Hauses.
So versuchen wir auf der Grundlage der von Rudolf Steiner gegebenen Anthroposophischen Heilpädagogik, durch das Zusammenwirken von medizinisch-heileurythmischer Behandlung, künstlerischer Arbeit und Schulunterricht auf der Grundlage der Waldorfpädagogik den gehemmten Kindern zur Entwicklung ihrer Kräfte und ihrer Menschenpersönlichkeit zu verhelfen."